Bitten und Empfangen

Die Gestalt Jesu, die im Mittelpunkt der christlichen Tradition steht, ist als moralischer und spiritueller Führer anerkannt. Seine Lehren sind zeit- und kulturübergreifend und bieten eine Vision des Lebens, die auf Glauben, Gebet und der Suche nach einer persönlichen Beziehung zum Göttlichen beruht. Im Laufe seines Lebens vollbrachte er Taten, die von vielen als Wunder angesehen werden, wie Heilungen und Auferstehungen, aber er schlug auch vor, dass solche Handlungen als Manifestationen noch unbekannter Naturgesetze und nicht als einfache Verstöße gegen die Natur betrachtet werden könnten. Diese Sichtweise stellt die Grenzen des menschlichen Verständnisses in Frage und schlägt eine ganzheitlichere Sicht der geistigen Realität vor.  

Die Lehre Jesu über das Gebet spiegelt die Einfachheit und Natürlichkeit wider, mit der er den Kontakt zu Gott betrachtete. Er ermutigte zu aufrichtigen Gebeten ohne Formalitäten, in denen sich das Herz direkt ausdrückt und in denen der Glaube und das Vertrauen in den Schöpfer grundlegend sind. Jesus glaubte, dass das Gebet kein mechanischer oder ritueller Akt ist, sondern eine Form echter und verwandelnder Gemeinschaft. Seine eigene Gebetspraxis, z. B. in Zeiten großen Leids, ist ein Beispiel für die völlige Hingabe an den göttlichen Willen und zeigt, dass das Gebet ein Akt der Hingabe und des Glaubens ist.  

Das berühmte „Vaterunser“, das von Jesus gelehrt wurde, fasst diese Grundsätze auf einfache und direkte Weise zusammen. Es umfasst die drei Dimensionen des Gebets: bitten, danken und die Gemeinschaft mit Gott suchen. Jesus betonte nicht die Notwendigkeit, an bestimmten Orten zu beten, sondern lehrte, dass das Gebet „im Geist und in der Wahrheit“, in einem inneren Raum geistiger und spiritueller Reinheit, verrichtet werden sollte. Nach diesem Verständnis ist der Mensch der lebendige Tempel Gottes, und sein Inneres ist der Ort der Anbetung.  

Der Glaube wird in der Lehre Jesu als eine angeborene und mächtige Kraft dargestellt, die in der Lage ist, die Wirklichkeit zu verändern. Er lehrt, dass es durch echten Glauben und ohne Zweifel möglich ist, außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen, wie etwa Berge zu versetzen. Jesus verbindet den Glauben mit der Ausrichtung auf göttliche Prinzipien und betont, dass der Glaube kein unzugängliches Geheimnis ist, sondern eine natürliche Fähigkeit, die es zu entwickeln gilt. Er betont auch die Bedeutung von Ausdauer und vollem Vertrauen in Gott, da Zweifel und Ungeduld die größten Hindernisse für den geistigen Erfolg sind.  

Jesus hat uns auch wertvolle Lektionen über Vergebung und Heilung hinterlassen und gezeigt, dass Heilung über die körperliche Wiederherstellung hinausgeht und die Seele und den Geist berührt. Für ihn ist die Vergebung ein Schlüssel zur Heilung, denn sie stellt die Harmonie und Ganzheit des Menschen wieder her. Diese Wiederherstellung beschränkt sich nicht auf eine äußere Korrektur, sondern beinhaltet eine innere Umwandlung, bei der die Person zu ihrem ursprünglichen Zustand der Reinheit und Harmonie mit Gott zurückkehrt. Die Fähigkeit zur Vergebung, so wie Jesus vergeben hat, ist ein mächtiges Werkzeug zur Heilung und Befreiung des Menschen.  

Die Lehre Jesu über das Gebet und den Glauben geht also über das einfache Bitten um Wünsche oder Bedürfnisse hinaus. Er lehrt uns, eine innige und ständige Verbindung mit Gott zu pflegen, die verwandelnde Kraft des Glaubens zu verstehen und vorbehaltlos zu glauben, dass Gott uns bereits alles gegeben hat, was wir für ein erfülltes und harmonisches Leben brauchen. Das Gebet, wie es von ihm gelehrt wird, ist ein Ausdruck unseres Wunsches, unseren Willen mit dem Willen Gottes in Einklang zu bringen, indem wir erkennen, dass wir dabei um die Verwandlung bitten und diese empfangen, die Gott in seiner unendlichen Güte bereits für uns vorbereitet hat.  

A.R.Ribeiro. 

Bibliothek des Neuen Denkens