Karl Kraus gilt als einer der bedeutendsten Aphoristiker deutscher Sprache. Ob berühmte Schriftsteller oder die Presse - nichts und niemand wurde von der Kritik seiner Feder verschont. Bekannte Künstler wie Stefan Zweig, Georg Trakl, Thomas Mann und andere zollten ihm Respekt, aber die Zahl seiner Feinde in Kunst und Gesellschaft war enorm. Als Vorleser hinterließ er aufgrund seiner Sprachgewalt und Persönlichkeit angeblich einen äußerst außergewöhnlichen Eindruck. Auf seiner ewigen Suche nach Missständen in Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst stößt Kraus in dieser Folge auf einen Akademiker philologischen Geschlechts, der seinem Bestreben nach sinnvoller Beschäftigung frönend auf die famose Idee kommt, einen theoretischen Lyrikführer zu verfassen, der die Theorie der Poesie aus seiner Sicht revolutioniert und an welchem zu orientieren er zeitgenössischen und zukünftigen Dichtern dringlichst anrät. Die Dimension der Dekadenz, die diesen selbsternannten Formen-Messias in seinen rein theoretischen Sphären kreisen lässt und dessen pseudogeniales Werk sich womöglich dadurch erklären lässt, wird von Kraus als ?größte Perversion der Literaturgeschichte? betitelt und Stein für Stein nimmt er diesen ?seriösen Wahnsinn? auseinander bis nichts mehr übrig bleibt als eine wunderbare, groteske, irrwitzige und unglaubliche ungewollt kabarettistische Aufführung eines realitäts-, und kunstfremden Theoretikers im schriftlich fixierten Wissenschaftsgewand. Im Anschluss erläutert Kraus aufschlussreich die verschiedenen Arten von Reimen und die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Reim als sprachlich gewandt, formal richtig und künstlerisch ästhetisch gelten darf und muss. Der Essays siebter Teil.