Da fällt nun deine Schrift nach vielen Jahren Mir wieder in die Hand, und – wundersam! – Der Zeit gedenk’ ich, wo wir Freunde waren, Als erst die Welt uns in die Schule nahm. Ich bin ein alter Mann in grauen Haaren, Ich überwinde schon die falsche Scham, Ich will mich deinen Freund wie eh’mals nennen Und mich als solchen vor der Welt bekennen. Mein armer, armer Freund, es hat der Schlaue Mir nicht, wie dir, so übel mitgespielt; Gestrebet hab’ ich und gehofft ins Blaue, Und gar am Ende wenig nur erzielt; Doch schwerlich wird berühmen sich der Graue, Daß er mich jemals fest am Schatten hielt; Den Schatten hab’ ich, der mir angeboren, Ich habe meinen Schatten nie verloren. Mich traf, obgleich unschuldig wie das Kind, Der Hohn, den sie für deine Blöße hatten. – Ob wir einander denn so ähnlich sind?! – Sie schrien mir nach: Schlemihl, wo ist dein Schatten? Und zeigt’ ich den, so stellten sie sich blind Und konnten gar zu lachen nicht ermatten. Was hilft es denn! man trägt es in Geduld, Und ist noch froh, fühlt man sich ohne Schuld. Und was ist denn der Schatten? möcht’ ich fragen, Wie man so oft mich selber schon gefragt, So überschwenglich hoch es anzuschlagen, Wie sich die arge Welt es nicht versagt? Das gibt sich schon nach neunzehntausend Tagen, Die, Weisheit bringend, über uns getagt; Die wir dem Schatten Wesen sonst verliehen, Sehn Wesen jetzt als Schatten sich verziehen. Wir geben uns die Hand darauf, Schlemihl, Wir schreiten zu und lassen es beim alten; Wir kümmern uns um alle Welt nicht viel, Es desto fester mit uns selbst zu halten; Wir gleiten so schon näher unserm Ziel, Ob jene lachten, ob die andern schalten, Nach allen Stürmen wollen wir im Hafen Doch ungestört gesunden Schlafes schlafen.