Geschichts- und Lebensbilder werden im allgemeinen von Historikern aufgrund verschiedenartiger Quellen entworfen. In seltenen F�llen �bernehmen es jene, die Geschichte machen, selbst, �ber Jahrzehnte ihr Leben und ihre Zeit zu dokumentieren. Die weitgehend erhaltene Korrespondenz zwischen dem Philosophen Alexius Meinong (1853-1920) und dem Musikwissenschaftler Guido Adler (1855-1941) ist ein solcher Gl�cksfall. Sie spiegelt die Lebensgeschichte der beiden Freunde im Kontext der Gesamtgeschichte. Der umfangreiche Briefwechsel ist aber weit mehr als eine eindrucksvolle Schilderung des blo� pers�nlichen Werdeganges von Meinong und Adler. Denn hier wird ein faszinierendes Kapitel Universit�ts- und Wissenschaftsgeschichte aufgeschlagen. Private und politische Intrigen, philosophische Schulenk�mpfe, Berufungsdebatten, wie sie aus Akten- und Archivmaterial unvergleichlich weniger lebendig hervorgehen, erscheinen ebenso thematisiert wie wissenschaftliche Fragen. Denn eine St�tze der Freundschaft war das gro�e Interesse, welches die beiden dem Fach des anderen entgegenbrachten - Vorbedingung f�r ein erfolgreiches Streben nach Interdisziplinarit�t.