Chagall wurde in einer strenggläubigen jÃŧdischen Familie geboren, in der das Verbot, den Menschen bildlich darzustellen, zum religiÃļsen Dogma gehÃļrte. Zwar lebte Chagalls Familie in ärmlichen Verhältnissen, litt jedoch keine Not. Nachdem er zunächst bei der AufnahmeprÃŧfung fÃŧr die Kunstschule des Barons Stieglitz durchgefallen war, gelang es ihm, in die von Nikolai Roerich geleitete Schule der Kaiserlichen Gesellschaft zur FÃļrderung der KÃŧnste aufgenommen zu werden. Chagall wählte später als Wohnsitz Paris. In dem KÃŧnstlerviertel La Ruche traf er viele Landsleute â u.a. Lipschitz, Zadkine, Soutine und Archipenko â, die, angezogen vom Ruhm der Weltstadt, ebenfalls nach Paris gekommen waren. Bereits in den ersten Schriften Ãŧber Chagall, die in den 1920er Jahren erschienen, wurde mit Recht behauptet, dass Paris seiner Malkunst den nÃļtigen Schliff gegeben habe, eine sensible SprÃļdigkeit und Bestimmtheit der Linien, die nun eine sichere und genaue Stimmigkeit mit dem Farbklang bekamen, so dass die Linie gegenÃŧber der Farbe oft zum beherrschenden Element wurde. Chagall besaà von Natur aus eine âstilistische Immunitätâ, er lieà sich in seinem Schaffen anregen und bereichern, jedoch ohne seinem eigenen Stil untreu zu werden. Er begeisterte sich fÃŧr das Werk anderer KÃŧnstler, lernte von ihnen und streifte seine jugendliche Unbeholfenheit ab, seinen âArchimedespunktâ aber verlor er nie. Bezeichnend ist, dass Kritiker und Forscher in ihren Abhandlungen Ãŧber Chagalls Kunst häufig zur musikalischen Terminologie greifen. Chagalls Motive und Gestalten verfÃŧgen Ãŧber eine klangliche Wirkung. So erscheint die Farbe als Rhythmus, die Linie als Melodie. Diese Metaphorik entspricht einer Malkunst, die gleich der Musik auf den Begriff der Zeit bezogen ist.