Die Geschichtswissenschaft hat bei der Darstellung ihrer eigenen Wurzeln lange auf das zwar einprägsame jedoch simplifizierende Narrativ einer ‚wissenschaftlichen Revolution‘ zurückgegriffen: Der Beginn des modernen, historischen Denkens wird nahezu einvernehmlich – u.a. von Meinecke, Foucault und Koselleck – als späte, plötzliche und einschneidende ‚Entdeckung‘ beschrieben.
Dieser ‚heroische‘ Gründungsimpuls wird in dieser Arbeit hinterfragt und modifiziert: Die ‚Gründerväter‘ der Geschichtswissenschaft und der Geschichtsphilosophie – dazu gehören u.a. Leibniz, Schlözer und Johannes von Müller, aber auch Voltaire, Herder und Christoph Meiners – haben geologische Schriften rezipiert und ihre Modelle, Begriffe und Konzepte übernommen. Auch die Begriffsgeschichte zeigt: Die Kernsemantik des Revolutionsbegriffs – die emphatische Vorstellung eines ‚Neubeginns‘ – ist ohne Bezug zur Geologie nicht plausibel erklärbar.
Demnach muss die Darstellung der Entstehung und Entwicklung des modernen historischen Denkens um den entscheidenden Beitrag der Geologie ergänzt werden. Ihre Zeit- und Entwicklungsmodelle sind für das moderne Geschichtsdenken konstitutiv.