Der Alpdruck (Roman)

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Immer in diesen Nächten um den großen Zusammenbruch herum wurde Dr. Doll, wenn er wirklich einmal einschlief, von dem gleichen Angsttraum heimgesucht. Sie schliefen sehr wenig in diesen ersten Nächten, stets angstvoll irgendeine Bedrohung des Leibes oder der Seele erwartend. Längst war die Nacht gekommen - nach einem Tage voller Qual -, und noch immer saßen sie an den Fenstern und spähten auf die kleine Wiese, nach den BÃŧschen, zu dem schmalen Zementfußweg hinaus, ob ein Feind käme, bis ihren schmerzenden Augen alles ineinanderfloß und sie nichts mehr sahen. Oft fragte dann eines: "Wollen wir nicht doch lieber schlafen gehen?" Aber meist antwortete niemand, sondern weiter saßen sie, starrten und fÃŧrchteten sich. Bis Dr. Doll dann plÃļtzlich vom Schlaf wie von einem Räuber Ãŧberfallen wurde, dessen große Hand sich erstickend Ãŧber sein ganzes Gesicht legte. Oder es war auch wie dichtes Spinnengewebe, das mit der Atemluft in seine Kehle drang und sein Bewußtsein Ãŧberwältigte. Ein Alpdruck ... So eingeschlafen zu sein, war schon schlimm genug, aber solchem schlimmen Einschlafen folgte sofort der Angsttraum, immer der gleiche. Und zwar träumte Doll dies: Er lag am Grunde eines ungeheuren Bombentrichters, auf dem RÃŧcken, die Arme fest an die Seiten gepreßt, im nassen, gelben Lehm. Ohne den Kopf zu bewegen, konnte er die in den Trichter hinabgestÃŧrzten Baumstämme sehen, auch die Fassaden von Häusern mit den leeren FensterhÃļhlen, hinter denen nichts mehr war. Manchmal quälte Doll die BefÃŧrchtung, diese Dinge kÃļnnten tiefer in den Bombentrichter und damit auf ihn stÃŧrzen, aber nie änderte eine dieser bedrohlichen Ruinen ihre Lage. Noch quälte ihn der Gedanke, daß tausend Wasseradern und Quellen, Doll Ãŧberschwemmend, seinen Mund ganz mit dem gelben Lehmbrei fÃŧllen wÃŧrden. Dem war nicht zu entgehen, denn Doll wußte, er wÃŧrde aus eigener Kraft nie aus diesem Trichtergrunde aufstehen kÃļnnen. Aber auch diese BefÃŧrchtung war grundlos, denn nie hÃļrte er einen Laut von den Quellen und dem Rieseln der Wasseradern, wie es Ãŧberhaupt totenstill war in dem riesigen Bombentrichter. Dann war auch der dritte quälende Eindruck eine Täuschung: Ungeheure Raben- und Krähenschwärme zogen ununterbrochen Ãŧber den Himmel des Bombentrichters dahin; er fÃŧrchtete sich sehr, sie kÃļnnten ihr Opfer im Lehm erspähen. Aber nein, alles blieb weiter totenstill, es gab diese ungeheuren Vogelschwärme nur in Dolls Einbildung, er hätte wenigstens ihr Krächzen hÃļren mÃŧssen. Aber zwei andere Dinge ...

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Hans Fallada (Rudolf Ditzen) lebte von 1893 bis 1947 und war ein deutscher Schriftsteller.

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