Brentanos Habilitationsschrift รผber die Psychologie des Aristoteles von 1867 ist in zweierlei Hinsicht von grundlegender Bedeutung: Zum einen hat sie einen beachtlichen Einfluss auf die Aristoteles-Forschung ausgeรผbt, insbesondere durch ihre Stellungnahme gegen den historisch-systematischen Ansatz der Geschichtsschreibung Hegelscher Prรคgung, exemplarisch vertreten durch Eduard Zeller. Brentano zielt in diesem Werk darauf ab, die thomistische Interpretation des Aristoteles auf eine neue Basis zu stellen, um zu zeigen, dass der aktive Intellekt, der zusammen mit dem aufnehmenden Verstand die intellektive Seele des Menschen ausmacht, von Gott bei der Zeugung des Menschen geschaffen wird. Die Unsterblichkeit der intellektiven Seele sichert das persรถnliche Weiterleben des Menschen nach dem Tod. Diese Interpretation der Psychologie des Aristoteles, die eine heftige Debatte ausgelรถst hat, ist allerdings fast einstimmig von der spรคteren Forschung abgelehnt worden. In jรผngerer Zeit ist jedoch Brentanos Deutung der Aristotelischen Psychologie wieder in den Fokus der Debatte รผber das Leib-Seele-Problem bei Aristoteles gerรผckt. Fรผr die Brentano-Forschung ist dieses Werk hinsichtlich der Frage grundlegend, welche Aspekte der aristotelischen Psychologie Brentano weiterentwickelt und รผberarbeitet hat, die dann zu wesentlichen Bestandteilen seiner empirischen und deskriptiven Psychologie geworden sind, wie etwa die Intentionalitรคt der psychischen Phรคnomene, die Natur des Bewusstseins und Struktur und Aufbau des menschlichen Geistes.