Raimundus Lullus kommt um 1232 auf der damals von vielen Religionsgruppen bevรถlkerten Insel Mallorca zur Welt. Nach einem zunรคchst weltlichen Leben hat Lullus um 1263 ein Bekehrungserlebnis, das ihm insbesondere die Missionierung der Muslime nahelegt. Im Mittelpunkt seines Denkens steht der Vorsatz, โdas beste Buch der Weltโ zu schreiben, mit dessen Hilfe es gelingen sollte, Nichtchristen gewaltlos und mit rational einsehbaren Argumenten von der Wahrheit des Christentums zu รผberzeugen. Zu diesem Zweck lernt er die arabische Sprache. Es folgt eine intensive Schaffensperiode philosophisch-literarischer Werke, die ihm den Ehrentitel โdoctor illuminatusโ einbringen.In der Ars generalis ultima (um 1305) entwickelt Lullus eine kombinatorische Methode, mit der er Antworten auf alle Fragen der Religion und Philosophie geben zu kรถnnen meint. Die als Ars brevis 1308 angefertigte Kurzfassung faรt diese Gedanken prรคgnant zusammen und zeigt auch den literarischen Rang Lullusโ. Auch Die neue Logik (entstanden um 1303) verfolgt in ihrer Intention die Missionierung der Unglรคubigen. In der Aufdeckung des Wahren und Falschen soll sie das Instrumentarium fรผr eine metaphysisch begrรผndete Logik liefern. Die Entfaltung aller wissenschaftlichen Grundbegriffe in Form einer Kombinatorik gelingt nur durch die Rรผckfรผhrung der Einzelwissenschaften auf eine allgemeine Kunst (ars generalis).Lullus stirbt an den Folgen einer Steinigung in Nordamerika auf der Rรผckfahrt nach Mallorca im Jahre 1316.
Vittorio Hรถsle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters in den Departments of German and Russian, Philosophy und Political Science an der University of Notre Dame. Arbeitsschwerpunkte: Ideengeschichte, Praktische Philosophie, รsthetik. Ausgewรคhlte Verรถffentlichungen: Hegels System. Der Idealismus der Subjektivitรคt und das Problem der Intersubjektivitรคt (Hamburg 1987); Moral und Politik. Grundlagen einer Politischen Ethik fรผr das 21. Jahrhundert (Mรผnchen 1997); Der philosophische Dialog (Mรผnchen 2006).