ger: Der weltberühmte Chemiker Carl Djerassi - vor allem bekannt als "Vater der Pille" - beginnt mit knapp 65 Jahren eine zweite Karriere als Schriftsteller, in der er seit den späten 80er Jahren eine Sammlung von Kurzgeschichten, vier autobiographische Texte, fünf Romane (science-in-fiction) und sechs Theaterstücke (science-in-theatre) verfasst hat. Das zentrale Thema in allen Texten bildet die Darstellung der Naturwissenschaft als "Kultur" und die kritische Reflexion des Normensystems, an das sich Naturwissenschaftler zu halten haben, wenn sie innerhalb der academic community reüssieren wollen. Neben der Publikationspraxis, dem Streben nach Priorität und Anerkennung, stellt Djerassi kollegiale Formen der Zusammenarbeit ebenso in Frage wie den rein rationalen Anspruch von Naturwissenschaft, ausschließlich nach objektiven Kriterien vorzugehen. Wissenschaft wird als Machtspiel von egozentrischen Forschern portraitiert, das mehr durch persönliche Eitelkeiten als durch wissenschaftliche Neugier motiviert scheint. Neben der pädagogischen Intention verfolgt der Autor mit seinem Schreibprojekt auch persönliche Interessen: die Texte dokumentieren einen Reflexionsprozess über die eigene Entwicklung vom Wissenschaftler zum Schriftsteller. Durch die unterschiedlichen Zugänge in Autobiographie und Roman gelingt Djerassi die komplexe Identitätskonstruktion eines intellektuellen interkulturellen Polygamisten, der durch die positive Bewertung der Exilerfahrung auch seine verdrängten europäischen Wurzeln in sein Selbstbild erfolgreich integrieren kann.
Die Dissertation stellt die erste Monographie zum literarischen Werk Carl Djerassis dar und versucht durch die Analyse der zentralen Texte einen Überblick über die thematische Vielfalt seines Schaffens zu geben.