Annika Schukies
Am Abgrund Staatsanwältin C.J. Townsend ist zurück in Miami und sie hat Informationen, die sie nicht zur offiziellen Strafverfolgung weitergeben kann, da sie verheimlich muss, wie sie an diese Daten gekommen ist. Daher macht sich C.J. alleine auf die Suche nach den Männern, die an mehreren Snuff-Filmen beteiligt waren. Bisher kennt sie nur die Namen der aktiven Zuschauer, aber sie will auch wissen, wer die Produzenten der Filme, in denen Frauen brutal ermordet werden, sind. Zwar ist es nicht unbedingt erforderlich, die vorherigen Bücher der Reihe um C.J. Townsend gelesen zu haben, aber es ist zumindest sehr empfehlenswert, um verstehen zu können, warum die Staatsanwältin so handelt, wie sie es in „Nemesis“ tut. Wer „Cupido“, „Morpheus“ und „Argus“ nicht kennt, sollte sich also nachfolgend auf Spoiler gefasst machen. Schon während der ersten Kapitel wird schnell klar, dass C.J. kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. Ihre Vergangenheit und zu viele Geheimnisse belasten sie und würden ihre Ehe und auf jeden Fall ihre Karriere zerstören, wenn sie ans Tageslicht kommen würden. Niemand weiß, dass der geflohene Serienmörder Bantling C.J.s Vergewaltiger war, auch wenn ihr Mann dies ahnt. Erst recht weiß niemand, dass Bantling nicht mehr lebt. Er wurde von C.J. getötet, als er sie umbringen wollte. Vorher hatte sie ihn noch dazu gezwungen, die Namen der Männer zu nennen, die zu einem Kreis von Snuff-Film-Kunden gehören. Jetzt weiß C.J., wer diese Männer sind, aber sie kann diese Namen nicht weitergeben, da sie nicht erklären kann, wie sie an die Daten gekommen ist. Also macht sie sich selbst an die Arbeit und lauert den Männern auf. Dabei gerät die Situation immer mehr außer Kontrolle und C.J. wird zur Nemesis, der Rachegöttin. Schnell ist eine rote Linie übertreten, ein Zurück ist nicht mehr möglich und nicht nur der Leser fragt sich, wie dies überhaupt zu einem guten Ende finden soll. „Nemesis“ ist kein bequemes Buch, auch wenn man wie ich einige harte Thriller gewohnt ist. Aber das Thema Snuff-Filme, also Filme, in denen Menschen vor laufender Kamera ermordet werden, ist noch einmal eine ganz andere Kategorie. Hinzu kommt, dass C.J. sich immer weiter in eine ausweglose Situation hineinmanövriert hat, die eigentlich nur in einer Katastrophe enden könnte, wobei ich aber natürlich das Gegenteil gehofft habe. Dass Jilliane Hoffman keine Probleme damit hat, ihre Hauptfiguren in die schlimmsten aller Situationen zu bringen, sollte dem Leser spätestens seit dem Ende von „Argus“ bekannt sein. Auf jeden Fall stand ich beim Lesen ständig unter Strom, da ich das Schlimmste befürchtete. Dabei habe ich dann auch gerne mal ein Auge zugedrückt, wenn die Handlung zu sehr auf manch glücklichen Zufall beruhte. Wie immer ist dem Thriller anzumerken, dass die Autorin selbst jahrelang als stellvertretende Staatsanwältin gearbeitet hat. Da daraus eingestreuten Details und Informationen machen die Reihe viel glaubwürdiger und authentischer, ohne dass man sich als Leser langweilt. Es wäre keine große Überraschung, wenn die Reihe mit einem fünften Teil fortgesetzt wird. Ich würde ihn auf jeden Fall lesen.