Die europaische Bevolkerung ist im Mittelalter gleich zweifach von der Pest heimgesucht worden. Zunachst in der Mitte des 6. Jahrhunderts, als Pest des Justinian bezeichnet, und ein weiteres Mal im spaten Mittelalter, dem 14. Jahrhundert. Beide Male kam die Seuche aus dem Osten und hatte ahnlich verheerende Folgen. Wobei der erste grosse Seuchenzug, welcher vermutlich zum Zusammenbruch des Romischen Reiches beitrug, gewissermassen den Beginn und der Folgende das Ende des Mittelalters markierte. Dieses Buch behandelt weder die Verbreitung der Pest, noch die Toten oder die Ansteckung, kurz - nicht die Pest als Krankheit, sondern im Besonderen die viel bedeutenderen Folgewirkungen der Pest. Gemeint sind damit die sowohl gesellschaftlichen und kulturellen als auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pest im Mittelalter. Dabei geht es ebenso um die direkten Folgeerscheinungen fur die Zeitgenossen, wie Geisslerzuge und Judenpogrome, als auch um die weiter reichenden und langerfristigen Folgewirkungen des nachsten Jahrhunderts. Das 14. Jahrhundert erlebte neben den zahlreichen Krisen, teils ausgelost durch die Pest, teils durch Klimaveranderungen oder gesellschaftliche Veranderungen, auch einen weitreichenden technischen Fortschritt, der schon die Zeitgenossen von einer neuen Zeit" sprechen liess. So fanden die Feuerwaffe und die mechanische Uhr Einzug in das Leben der Menschen und pragte dieses enorm. Beide zeigten den Menschen die eigene Verganglichkeit auf. Die eine, weil sie die Zeit der Menschen einteilte und die andere, weil sie eine neue Art des Totens einfuhrte. Die durch die Pest eingeleitete und von Herlihy benannte Verwandlung Europas gab der europaischen Bevolkerung die Chance, ihre Gesellschaft neu und unter anderen Gesichtspunkten wieder aufzuba