Die politische Ontologie Martin Heideggers

· CEP Europäische Verlagsanstalt
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In den Nachrufen auf Heidegger konnte man immer wieder lesen, die Lehre dieses großen Philosophen sei, trotz seines politischen Fehltritts von 1933, nicht nationalsozialistisch gewesen. Natürlich nicht - denn sie war ja Philosophie: absolute Erkenntnis, die mit (Tages-)Politik nichts zu tun hat. Warum sie nichts damit zu tun hat (haben darf), erklärt Pierre Bourdieu: Die philosophische Rede ist, wie jede Aussage, das Produkt eines Kompromisses zwischen einem (individuellen) Aussageinteresse und der Zensur eines sozialen Feldes. Das Feld der etablierten Philosophie erlaubt politischen Interessen und Phantasmen keinen unmittelbaren, nur einen zensierten, d. h. euphemisierten Ausdruck, der ihre Herkunft und Tendenz verschleiert. Liest man die Sprache Heideggers - hier stellvertretend für die bürgerliche philosophische Rede schlechthin - unter diesem Aspekt und vergleicht sie mit der weniger euphemisierten Sprache ,,konservativer Revolutionäre" wie Ernst Jünger, Niekisch, Moeller van den Bruck, so lassen sich ihre politischen Triebe bestimmen und zugleich die Regeln erkennen, nach denen das philosophische Feld seiner Zeit sie transformiert hat: in philosophische Aussagen. Voraussetzung solcher Alchemie ist eine institutionalisierte Unkenntnis, d. h. die Gesamtheit jener sozialen Mechanismen, die - über die akademische Karriere - die Reproduktion eines Berufsstandes und seiner ethisch-politischen Einstellungen garantieren.

About the author

Pierre Bourdieu, geboren 1930, ist Inhaber des Lehrstuhls für Kultursoziologie an der Ecole Pratique des Hautes E.tudes. Nach ethnologischen Studien der kabylischen Gesellschaft und soziologischen Arbeiten über Algerien betrieb er in den 60er Jahren umfangreiche Untersuchungen über Bildungsund Erziehungsprobleme. Seit 1975 gibt er die Zeitschrift Actes de la recherche en sciences sociales heraus, in der auch sein Heidegger-Essay erschienen ist. Publikationen (in deutscher übersetzung): Zur Soziologie der symbolischen Formen (1970); Die Illusion der Chancengleichheit (1971); Grundlagen einer Theorie der symbolischen Gewalt (1973); Entwurf einer Theorie der Praxis (1976).

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