Solange es Film gibt, gibt es die Verfilmung von Gedichten. Dennoch sind audiovisuelle Erscheinungsformen von Lyrik bislang weitgehend vernachlรคssigt worden.
Die vorliegende Studie beginnt, diese Forschungslรผcke auf dem Gebiet der Literatur-Film-Beziehungen zu schlieรen und entwirft zunรคchst eine Typologie des Poesiefilms. Im Zentrum steht der Gedichtfilm, der sich als konkrete Realisierung von Lyrik im audiovisuellen Medium von verwandten Phรคnomenen wie dem poetischen Film und der Literaturverfilmung abgrenzen lรคsst.
In einem historischen Abriss werden Traditionen des noch wenig bekannten Kurzfilm-Genres im Avantgardekino der 20er Jahre, der Medienkunst und der Spoken-Word-Bewegung nachgezeichnet. Die systematische Untersuchung arbeitet zentrale Analysekategorien heraus und fรผhrt sie exemplarisch vor.
Im Sinne des acoustic turns wird dabei eine einseitige Konzentration auf semantische und visuelle Aspekte vermieden und stattdessen die audiovisuelle Verfasstheit von Gedichtfilmen betont. Poesiefilme bewegen sich zwischen den Polen etablierter Dichotomien und geben Anlass, Gegensatzpaare wie Textualitรคt und Performativitรคt, Performativitรคt und Medialitรคt und nicht zuletzt Hรถren und Sehen auf ihre Wechselwirkungen hin zu befragen.