Friedrich Wilhelm Raiffeisens zweihundertster Geburtstag im März 2018 ist der Anlass dieser Arbeit. In den Worten des Autors: Die Verklärung, der Raiffeisen in diesem Jahr erneut ausgesetzt sein wird, hat mit der realen Person Raiffeisen, mit seinem Werk, seinen Intentionen, seiner Hinterlassenschaft sehr wenig zu tun. Seit Jahrzehnten werden sein Antisemitismus, sein christlicher Fundamentalismus, sein paternalistisches Gesellschaftsverständnis konsequent verschwiegen. Kaltenborn zeigt nun diese Seite anhand von ÃuÃerungen und Beiträgen Raiffeisens, denen sonst keine Beachtung geschenkt wird, die aber feste Bestandteile von Raiffeisens Biografie sind. So werden die längeren antisemitischen ÃuÃerungen Raiffeisens zum ersten Mal ungekÃŧrzt im Wortlaut wieder abgedruckt. Auch sein Kampf gegen die ÂģSocialdemokratieÂĢ als fÃŧr den wilhelminischen Staat angeblich gefährliche Umsturzpartei wird sichtbar gemacht. SchlieÃlich wird auch deutlich, wie wenig Raiffeisens Vorstellungen von Genossenschaften mit demokratischer Selbsthilfe zu tun haben, die der genossenschaftlichen Idee erst ihren besonderen Charakter verleiht. Kurzum, das vorherrschende und sorgfältig gepflegte Bild Raiffeisens wird gegen den Strich gebÃŧrstet. Dabei werden alle Aussagen mit reichhaltigem Material belegt, wozu auch die umfangreiche Sekundärliteratur aus der Zeit vor 1933 gehÃļrt. Aus der Kenntnis dieser Quellen setzt Kaltenborn das Ende der Raiffeisen-Organisation in das Jahr 1930. Denn kurz vorher war sie, die politisch zur extremen Rechten gehÃļrte, aufgrund von horrender Misswirtschaft in eine Existenzkrise geraten, die nur mit massiver staatlicher Hilfe abgewendet werden konnte. Sie flÃŧchtete dann mit ihren Mitgliedern, die nur ein FÃŧnftel der ländlichen Genossenschaften ausmachten, in eine umfassende Einheitsorganisation und musste dabei ihre Ãŧberlieferten spezifischen Prinzipien aufgeben. Was heute den Namen Raiffeisen trägt, so Kaltenborn, hat mit dem Menschen Raiffeisen, seiner Arbeit und seinen Zielen nichts mehr zu tun. Liest man seine antisemitischen AusfÃŧhrungen, besteht darÃŧber aber auch kein Grund zum Bedauern. Jedenfalls, so das Fazit des Autors, hat Wilhelm Haas mehr Anerkennung verdient. Er hat die viermal grÃļÃere landwirtschaftliche Genossenschaftsorganisation geschaffen, sich gegen die ÂģJudenhetzeÂĢ ausgesprochen und nachdrÃŧcklich den demokratischen Charakter der Genossenschaften vertreten.