Die Stimme ist eine Erzählung von Rainer Maria Rilke. In dieser Ausgabe zusammen mit der Geschichte Weißes Glück. Auszug: Doktor Henke war in der Stadt ein Muster von Pflichteifer; aber die sechs Urlaubswochen verträumte er, auf dem Rücken liegend, an dem weißen Strand des Ostseebades Misdroy in heroischer Faulheit. Er hatte die Hände als Kissen unter den kurzgeschorenen Kopf geschoben und schaute in die hohen Buchenwipfel. Dabei war er sehr ärgerlich über seinen Freund Erwin, der vor ihm stand und den heranrollenden Wellen kleine Steinchen in den Rachen warf; denn er mußte ihm folgende ernste Rede halten: »Du bist ja ein Esel. Erholen sollst du dich hier. Nicht solche Tollheiten ausspinnen. Ich kann gar nicht klug daraus werden. "Eine Stimme." Hat man so was schon gehört? Du bist so einer, den man unter die Haube bringen muß um jeden Preis. Werde übrigens für dich auf Brautschau gehen. Was ich in diesen paar Tagen alles zu hören bekommen habe. Zwei Diebe verteidigen und einen Raubmörder, und die Hinterlassenschaft einer Erbtante, die ohne letzten Willen gestorben ist, regeln, strengt lange nicht so an, wie dir alle deine Dummheiten ausreden. - Überarbeitet bist du.«