Nach schrecklichen Verbrechen wie einem Amoklauf herrscht oft Fassungslosigkeit darüber, wozu Menschen fähig sind. Über so viel sinnlose Gewalt und das Leid, das sie erzeugen. Doch Gewalt ist nie sinnlos, sie erfüllt für die Täter stets eine Funktion, wie der forensische Psychiater und Gerichtsgutachter Hans-Ludwig Kröber im Interview ab S. 12 betont. Um sie langfristig einzudämmen, ist es daher unerlässlich, die dahinterstehenden Motive zu verstehen. Das Sonderheft beschäftigt sich des halb insbesondere mit der Frage nach dem Warum – und nur am Rande mit den Folgen von Straftaten für Betroffene. Weiterführende Informationen für Menschen, die selbst Gewalt erleiden mussten, liefern die beiden "Gehirn&Geist"-Dossiers "Psychotherapie" und "Wenn die Seele den Halt verliert". Wissenschaftler ergründen die Wurzeln der Gewalt mit ganz unterschiedlichen Methoden. Die Kriminologin Britta Bannenberg hat zum Beispiel unzählige Gerichtsakten durchforstet, die Tagebücher von Amoktätern gelesen und mit diesen, Überlebenden sowie dem Umfeld gesprochen (ab S. 30). Andere Forscher obduzieren das Gehirn von Verbrechern oder suchen nach den neuronalen Schaltkreisen der Aggression (ab S. 16). Von weit reichender Bedeutung sind auch Erkenntnisse aus der Psychologie, die der Justiz etwa bei der Einschätzung von Zeugenaussagen und der Rückfälligkeit von Straftätern helfen. Ab S. 66 stellen wir schließlich verschiedene konkrete Maßnahmen zur Prävention vor. So tragen Kinder inhaftierter Eltern beispielsweise ein hohes Risiko, später selbst eine Straftat zu begehen. Ein Elterntraining im Gefängnis soll die Beziehung zum Kind stärken – und so den Teufelskreis der Gewalt Stück für Stück durchbrechen.