Das Phänomen der Polyphonie ist ein Merkmal, das sich in vielen Erzähltexten findet, ohne dass man es bisher aus narratologischer Perspektive kategorisieren könnte. Zwischen der Vielzahl von Sprechinstanzen, die sich als einstimmig tarnen, aber doch eine Mehrzahl an Stimmen in sich vereinen, klafft eine Lücke innerhalb der Theoriebildung, die sich die Studie zu schließen bemüht. Ausgehend von Ansätzen, die sich allesamt der Mehrstimmigkeit widmen, ohne diese aber in ihren Ausprägungen zu systematisieren, wird eine Typologie entworfen, die es erlaubt, verschiedene Formen zu benennen. Die Vorgehensweise ist komparatistisch und fokussiert neben der Anwendbarkeit auch die Übertragbarkeit auf weitere Nationalphilologien. Zudem erfolgen die Lektüren chronologisch, von der Epoche der Spätaufklärung bis zu Texten der Postmoderne, um zusätzlich einen Beitrag zu einer historischen Narratologie zu leisten. Die Typologie erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern will dazu animieren, das Phänomen der Polyphonie weiterzudenken; sie versteht sich als Anregung für Narratologen, Komparatisten und Kulturwissenschaftler, sich dem interessanten wie auch theoretisch noch nicht erschöpfend reflektierten Thema der Mehrstimmigkeit zu widmen.