Substanzbegriff und Funktionsbegriff: Untersuchungen über die Grundfragen der Erkenntniskritik

· Ernst Cassirer, Gesammelte Werke. Hamburger Ausgabe Buch 6 · Felix Meiner Verlag
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Aus der Beschäftigung mit der Philosophie der Mathematik erwächst für Cassirer die Notwendigkeit einer grundlegenden Revision der Lehre von den Begriffen, denn die herkömmliche, an metaphysischen Denkschemata orientierte Logik ist nicht mehr in der Lage, die Probleme, mit denen sich Mathematik und exakte Wissenschaften beschäftigen auch nur zu bezeichnen. Cassirer ist einer der ersten, der erkannt hat, dass der aus der Mathematik stammende Begriff der Funktion dazu bestimmt ist, Logik und Erkenntnistheorie eingreifend zu verändern. Im Übergang von Dingbegriffen zu Relationsbegriffen, vom 'Substanzbegriff' zum 'Funktionsbegriff' sieht er die entscheidende Metamorphose des naturwissenschaftlichen Weltbildes. Substanzbegriff und Funktionsbegriff analysiert im ersten Teil die Prinzipien und Formen der Begriffsbildung auf dem Gebiet der exakten Wissenschaften mit dem Ziel, die zugrundeliegende einheitliche Grundfunktion zu ermitteln. Untersucht werden die Abstraktionstheorie der Begriffe (Kap. 1), die Zahlbegriffe (Kap. 2), der Raumbegriff und die Geometrie (Kap. 3) sowie die naturwissenschaftliche Begriffsbildung (Kap. 4). Da eine bestimmte Auffassung von der Grundform des Begriffs Voraussetzung für jedes Forschen nach dem Verhältnis des Denkens und Seins, der Erkenntnis und der Wirklichkeit ist, führt von den rein logischen Grundbestimmungen unmittelbar ein Weg zum Begriff der Wirklichkeitserkenntnis. Im zweiten Teil untersucht Cassirer daher die Konsequenzen seiner Analysen der logischen Grundbestimmungen auf dem Gebiet der Erkenntniskritik für das Induktionsproblem (Kap. 5), den Begriff der Wirklichkeit (Kap. 6), die Subjektivität und Objektivität der Relationsbegriffe (Kap. 7) und die Psychologie der Relationen (Kap. 8) Inhalt: Dingbegriff und Relationsbegriff, Das System der Relationsbegriffe und das Problem der Wirklichkeit.

Autoren-Profil

Ernst Cassirer wird 1874 in Breslau geboren. Er studiert Jura, Literatur und Philosophie in Berlin, wechselt aber dann nach Marburg und schließt sich der Marburger Schule des Neukantianismus an. 1899 erfolgt die Promotion mit einer Schrift über Descartes bei Paul Natorp. Nach seiner Habilitation 1906 hält Cassirer als Privatdozent Lehrveranstaltungen in Berlin und folgt dann 1919 einem Ruf an die neugegründete Universität in Hamburg. Hier kommt es zu einer außerordentlich fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg, in der der Grundstein für die Entwicklung seines Hauptwerkes Die Philosophie der symbolischen Formen gelegt wird. In diesem dreibändigen Werk (1923-29) wird der Entwurf einer systematischen Philosophie der Kultur unternommen. Dem Begriff der symbolischen Formen, in denen sich menschliches Erleben mit Hilfe z. B. von Sprache, Kunst, Mythen oder Wissenschaft ausdrückt, kommt dabei die Funktion zu, einen geistigen Bedeutungsgehalt mit einem sinnlichen Zeichen zu verknüpfen. Kultur ist in diesem Zusammenhang die Sinnschöpfung des Menschen durch Symbole, was dem Umstand Rechnung trägt, daß es auch primitivere Formen der Welterkenntnis gibt.1933 emigriert Ernst Cassirer über England nach Schweden und nimmt die schwedische Staatsbürgerschaft an. Acht Jahre später übersiedelt er mit seiner Frau und drei Kindern nach Amerika, wo er bis zu seinem Tod 1945 verschiedene Lehrtätigkeiten ausübt.

Birgit Recki (geb. 1954) ist Professorin für Philosophie an der Universität Hamburg, Arbeitsschwerpunkte: Ethik, Ästhetik, Philosophische Anthropologie/Kulturphilosophie; aktuelles Forschungsprojekt zur Freiheitstheorie – Technik als Form der Freiheit

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