Das kulturelle Leben in Berlin um 1800 ist โ neben den Institutionen der Bildung, Kunst und Wissenschaft โ geprรคgt durch gelehrte und literarische Vereinigungen, Salons und einen umfรคnglichen privaten Vorlesungsbetrieb, der sich รผber alle Zweige der Wissenschaften erstreckt. Mit seiner 1796 erfolgten Berufung zum reformierten Prediger an der Charitรฉ tritt der Theologe und Philosoph Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768-1834) in diese Welt ein, in der er bald heimisch und die ihm zum Lebenselement wird. Hier befreundet er sich u.a. mit Friedrich Schlegel, ist Gast im Salon der Henriette Herz und begrรผndet die lebenslรคngliche Freundschaft mit dem Verleger Georg Andreas Reimer. Mit seinem anonym publizierten Versuch einer Theorie des geselligen Betragens (1799) wird Schleiermacher zum Theoretiker des geselligen Lebens in Berlin, das fรผr ihn als selbstzweckhafte Sphรคre neben dem Geschรคftsleben steht und in besonderer Weise durch die Frauen geprรคgt ist. Wissenschaft und Geselligkeit sind somit die Pole des Schleiermacherschen Lebens in Berlin, wobei die Wissenschaft nicht nur das โSymphilosophierenโ im frรผhromantischen Freundeskreis umfasst, sondern auch die Teilnahme etwa an den chemischen Vorlesungen Klaproths und nicht zuletzt die theologische Reflexion seiner Tรคtigkeit als Charitรฉprediger. โ Mit Schleiermachers Berufung auf eine Hofpredigerstelle in Stolp 1802 endet dieser Lebensabschnitt.
Der Band, der aus einem Symposion an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hervorgegangen ist, vermittelt ein Bild dieses Lebens zwischen Wissenschaft und Geselligkeit auf der Basis von Quellen, die durch die Kritische Schleiermacher-Gesamtausgabe neu erschlossen wurden.