Es war dunkel im Zimmer, nur von der Türe her kam ein schmaler Lichtschein. Der Lichtschein verging, da der Kellner die Türe leise hinter sich schloß. "Wohin darf ich das Tablett stellen?" fragte der Kellner. Einige Sekunden verstrichen, aus der Dunkelheit kam kein Laut. Der Kellner war, in wartender Haltung, ein paar Schritte von der Türe entfernt, stehengeblieben. Da er sich nun, diskret, aber mit einer gewissen Schärfe, räusperte, antwortete schließlich der Herr, der, bis zum Kinn zugedeckt, regungslos im Bett lag: "Bitte - hier neben das Bett - hier auf das Tischchen, mein Lieber ..." Die Stimme war weich und sprach das Deutsch mit einem gedehnten, singenden Akzent. Der Kellner lächelte. Es machte ihm Spaß, Ausländer zu bedienen. Daß sie sich mit der Sprache abquälen mußten, die ihm geläufig war, gab ihm ein angenehmes Gefühl der Überlegenheit. "Bitte, mein Herr", sagte er, und seine Stimme klang schon ein wenig väterlich. Er machte die paar Schritte von der Türe zum Bett und stellte das Tablett auf ein rundes Tischchen, das er heranschob. "Darf ich die Vorhänge aufziehen, mein Herr?" fragte er und sprach jedes Wort deutlich aus: Es war ja nur ein Ausländer, an den er sich wandte, ein älterer Herr mit einer weichen Stimme, man behandelte ihn am besten nachsichtig und zugleich respektvoll, dann gab es ein Trinkgeld. "Danke", sagte der Herr, der sich unter seiner Steppdecke immer noch nicht rührte. "Wenn Sie so gut sind, sie nur halb zurückzuziehen. - Ich vertrage das grelle Licht nicht", fügte der Herr mit einer gewissen Wehleidigkeit hinzu und bewegte endlich den Kopf, um den Kellner anzusehen. Der machte sich mit den sanften Bewegungen, die man in Krankenzimmern hat, an den schweren Samtportieren zu schaffen, die das Fenster verhüllten. Licht fiel ins Zimmer, der Herr im Bett mußte blinzeln. Blinzelnd prüfte sein Blick die Unordnung in dieser fremden Hotelstube: halb ausgepackte Koffer, Kleidungsstücke und Bücher in chaotischem Durcheinander auf den plüschbezogenen Sesseln und der falschen Renaissance-Kommode. 'Ich muß ja in einem schönen Zustand gewesen sein, als ich gestern abend angekommen bin', dachte der Herr. 'Ach ja, der Cognac während der Reise ...' Er schloß angewidert die Augen. "Es ist ein schöner Tag heute", sagte der Kellner, zugleich stramm und devot, vom Fenster her. "Ein ausgesprochen schöner Wintertag", fügte er aufmunternd hinzu, denn der Ausländer schwieg. Sein Schweigen war nicht streng und abweisend, wie der Kellner es wohl ...