Zwei Reformationen: Luther und Calvin. Alte und Neue Welt

· Siedler Verlag
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280
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About this ebook

Zu den Gründungsmythen des deutschen Protestantismus gehört die Stilisierung Martin Luthers als ersten Protestanten und deutschen Propheten, dessen Protest gegen die »babylonische Gefangenschaft der Kirche« zur wundersamen Befreiung von der päpstlichen Tyrannei und zum Ausbruch aus dem finsteren Zeitalter des Mittelalters führte.
Obermans Essays widerlegen hingegen in streitbarer Auseinandersetzung die These, Martin Luther habe als einsame, revolutionäre Gestalt - gegen seine Zeit - die Moderne eingeläutet. Stattdessen interpretiert er den »reformatorischen Durchbruch« Martin Luthers im Zusammenhang der vielfältigen intellektuellen Strömungen und Frömmigkeitsbewegungen einer vitalen spätmittelalterlichen christlichen Gesellschaft, die bereits eine Vielzahl reformerischer Kräfte in sich barg. Wie schon in seinem früheren Buch über den Reformator führt er dem Leser zudem die überraschende Tatsache vor Augen, dass Luther - trotz seiner theologischen Neuansätze und seiner Entfremdung von der mönchischen Lebensweise - tief im spätmittelalterlichen Weltbild mitsamt seinen antisemitischen Elementen und seinen apokalyptischen Endzeiterwartungen verhaftet blieb.
Vor diesem Hintergrund entfaltet der Autor seine spannende Unterscheidung zwischen der von Wittenberg ausgehenden »ersten Reformation«, die für die deutschen Territorialstaaten prägend wurde, und der »zweiten Reformation« des humanistisch inspirierten Protestantismus, die von den protestantischen Flüchtlingen in den freien Städten ausging und eine völlig andere Zukunftsvision vertrat als Luther. Vor allem bei Calvin, dessen Biografie und Denken im zweiten Teil des Buches eingehend interpretiert werden, findet sich statt des Endzeitbewusstseins die Vision eines kulturell und sozial erneuerten Europa, die Oberman als den eigentlichen Beitrag des Protestantismus zur Moderne versteht.

About the author

Heiko A. Oberman (1930 – 2001) studierte Theologie und Geschichte in Utrecht und Oxford. Er lehrte an der Divinity School der Harvard University. Von 1966 bis 1984 war er Professor für Kirchengeschichte an der evangelisch-theologischen Fakultät in Tübingen. Unter seiner Führung wurde Tübingen zum weltweit bedeutendsten Zentrum der Erforschung spätmittelalterlicher und reformatorischer Theologie. Von 1984 bis zu seinem Tod lehrte er als Regents Professor of Medieval, Renaissance, and Reformation History an der University of Arizona.

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