Die Studie befasst sich mit der Rezeption der Romane Hilsenraths. Die Lesarten, die Feuilleton, Literaturwissenschaft und nicht-öffentliche Stellungnahmen zutage förderten, werden dokumentiert. Basierend auf neueren Erkenntnissen der Rezeptionsforschung und Konzepten der pragmatischen Texttheorie werden die vorliegenden Dokumente als „Texte-in-Funktion“ verstanden. Das Erkenntnisinteresse ist geleitet von der Frage nach der Rolle der Literaturkritik im Fall Hilsenrath. Welche thematischen und stilistischen Festlegungen sind zu verzeichnen, wie gestaltet die Literaturkritik das Autorimage mit? Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der politisch-gesellschaftlichen Dimension, die diese Rezeptionsgeschichte bestimmt. Zentrale Themen wie die Darstellung von Grauen in Verbindung mit grotesken Mitteln, jüdische Figuren in der Literatur nach der Shoa sowie Shoa und Sexualität greifen ineinander und führen zu der bereits von Adorno aufgeworfenen Frage, ob eine angemessene literarische Darstellung des Grauens nach der Shoa möglich sei. Entsprechend kontrovers wird Hilsenraths Werk rezipiert. Leistet der Autor ein Stück Erinnerungsarbeit gegen das Vergessen oder ist er ein Tabubrecher, der die Opfer durch seine Art der Darstellung entwürdigt?