Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Eberhard-Karls-UniversitÃĪt TÞbingen, Sprache: Deutsch, Abstract: Einen wichtigen Beitrag zur Genese und Etablierung der Parteiensysteme Westeuropas leisteten die beiden Sozialwissenschaftler Seymour M. Lipset und Stein Rokkan mit ihrer Cleavage-Theorie (Lipset/Rokkan 1967), wonach cleavages soziale und politische Trennlinien der Gesellschaft darstellen, die sich im Parteiensystem widerspiegeln und dort institutionalisiert werden. Dabei sind Parteien das Produkt dieser sozialstrukturellen Konflikt- und Spannungslinien, die die Gesellschaft entlang der cleavages in verschiedene Gruppen teilt (vgl. Decker 2011: 39). Lipset und Rokkan stellen dabei die viel zitierte These der eingefrorenen Parteiensysteme auf: âThe party systems of the 1960âs reflect, with few but significant exceptions, the cleavage structure of the 1920âsâ (Lipset/Rokkan 1967: 50). Betrachtet man nun die Entwicklung des deutschen Parteiensystems, so kann man Deutschland gewiss zu den besagten wenigen, doch signifikanten Ausnahmen zÃĪhlen (vgl. von Alemann 2003: 101). Doch wie ist es dann um die ErklÃĪrungskraft des Cleavage-Modells fÞr das moderne deutsche Parteiensystem bestellt? Eine mÃķgliche ErklÃĪrung fÞr den Wandel des Parteiensystems gibt dabei die Theorie des amerikanischen Politologen Roland Inglehart. In Folge eines tiefgreifenden Wertewandels sei ein dauerhafter Gegensatz zwischen âalterâ und âneuerâ Politik entstanden. Inglehart bezeichnet die AnhÃĪnger der neuen Politik als Postmaterialisten, die sich nun fÞr Partizipation und Selbstverwirklichung einsetzen und nach und nach die Materialisten als AnhÃĪnger der alten Werte und Normen, allen voran materielle und physische Sicherheit, ersetzen. Genau mit dieser offenen Frage, die auch in der gegenwÃĪrtigen Literatur kontrovers diskutiert wird, beschÃĪftigt sich die vorliegende Arbeit: Ist der von Inglehart postulierte Gegensatz zwischen Materialismus und Postmaterialismus ein neues cleavage, also ein dauerhafter, eigenstÃĪndiger und institutionalisierter Konflikt, welches den auftretenden Wertewandel und den Wandel des Parteiensystems erklÃĪrt (vgl. Mielke 2001: 87-88)?